„Was ist der Mensch? Er ist das Wesen, das immer entscheidet,was er ist. [...]“ gibt uns Viktor Frankl mit auf unseren Weg. Ebenso legt er uns nahe, all unsere Forderungen nach einem guten, erfüllten Leben aufzugeben, uns vielmehr zu fragen, was das Leben von uns fordert.
Was fordert es von uns?
Können wir dabei stehen bleiben, zahlreiche Momente anzusammeln, die sich als Erfüllung tarnen?
Ich denke, wir alle haben die Möglichkeit uns Sinn zu konstruieren – wir alle haben die Freiheit, eben jenes zu tun.
Mit Freiheit geht Verantwortung Hand in Hand: Wenn ich einmal erkannte, dass ich wählen kann, ja, wählen muss (auch, wenn ich die Augen davor verschließe, treffe ich damit eine Wahl), kann ich mich nicht mehr in einen Egozentrismus flüchten, der mir abverlangt, allein für mich, mit imaginären Monadenflügeln flatternd, möglichst gut durchs Leben zu kommen.
Natürlich will ich gut durchs Leben kommen. Natürlich bin ich ebenso verpflichtet, gut für mich, mein Leben, zu sorgen, es nicht leichtsinnig zu riskieren, nicht fahrlässig mit meiner Gesundheit umzugehen.
Und doch will ich mich fragen, was ich dem Leben zurückgeben kann, für dieses Geschenk, das es mir machte. Denn dass ich bin, dass ich existiere, kann ich nicht leugnen – und diese Existenz ist mir bedingungslos auferlegt.
Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben zu ver(sch)wenden: Jeder darf tun, als ob es eine nie endende Party ist. Er darf vergnügungssüchtig durch Jahrzehnte hetzen, von einem austauschbaren Rausch zum nächsten.
Was bleibt, frage ich mich. Was bleibt, wenn du, irgendwann, zurückblickst auf dein Leben? Was willst du hinterlassen (und wir hinterlassen immer irgendetwas), was soll auf deinem Grabstein stehen? Werden sich Menschen an dich erinnern, wem hast du was gegeben?
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Immer deutlicher spüre ich, dass ich immer weniger Zeit mit Momentejägern verbringen will, die die Zufälligkeit eines Treffens auf einer Feier, das Smartphone mit der App fürs Online-Dating stets in der Hand, für eine schicksalshafte Begegnung halten. Ich will mich nicht hineinziehen lassen, in das ewige Getaumel, in das Betäuben einer jeder Frage nach dem Sinn. Mir sind Menschen lieber, die noch fragen können, die sich einlassen wollen auf eine aufrichtige Ich-Du-Beziehung.
Diese Menschen sind mir Begleiter: Wir nehmen unsere Taschenmesser in die Hand und beginnen, den Oberflächenlack (der doch eh schon blättert!) abzukratzen – was wir finden, ist zunächst ungewiss: Oft platzt mit der Hülle auch jede Hoffnung auf Inhalt ab. Doch manchmal leuchtet uns Authentizität entgegen. Und in ihrem sanften Schein wächst Liebe heran.
Ich bin der Überzeugung, dass wir lieben, weil wir uns gespiegelt sehen – wir erkennen im anderen Menschen unser Ich. Es ist ein Ich, das immer nach etwas strebt – wir können niemals nichts wollen.
Einige stellen ein hedonistisches, Spaß getriebenes Leben in den Vordergrund, andere richten ihr Sein nach eigenen, eventuell höheren Maßstäben aus.
Wenn wir selbst uns an die Kandare nehmen, wenn wir unsere Vernunft bemühen, die ethisches, von eigener Vorteilnahme befreites Verhalten erlaubt, können wir den Übergang schaffen vom ästhetischen, also sinnlich-gesteuerten (und damit vom Vergnügen abhängigen) Menschen zum ethischen Menschen – um Freiheit zu gewinnen. Damit wirken wir, zumindest ein Stück, eben jener selbst verschuldeten Unmündigkeit entgegen, die wir nicht einmal bemerken, solange wir uns in der Verantwortungslosigkeit des „Spaßbetriebs Leben“ bewegen. Wir entscheiden, wer wir sind. Wir entscheiden, wen wir lieben wollen. Wir entscheiden, wer uns lieben soll. Wir sind frei. Wir sind auch frei, gute Menschen zu sein.