Adventszeit: Wer sich die Zeit nimmt hinzusehen, beobachtet uns Menschen durch die Straßen hetzen. Wir rempeln andere an, streiten um einen Parkplatz, fluchen übereinander. Das Ziel, Besorgungen zu erledigen, treibt uns alle an - um anderen Menschen, irgendwann, bald, ein Geschenk zu machen.
Wer sich die Zeit nimmt innezuhalten, sieht auf dem Weihnachtsmmarkt uns Menschen sich in der Schlange am Stand vordrängeln. Wir beschimpfen andere, kämpfen um einen Sehplatz am Tisch, wollen schnell, schnell Glühwein kaufen – um unsere Freunde einzuladen und mit ihnen gesellig zusammen zu sein.

Was ist geschehen, dass wir derart selektieren? Dass wir die Dichotomie „Das ist Freund – das ist Feind“ so nötig haben? Wie kann es sein, dass wir mit der Hoffnung, in einigen Wochen ein „danke“ von jemandem zu hören, jetzt den Menschen neben uns zur Seite stoßen?


„Niemand nimmt Rücksicht“, höre ich oft, oder: „Den letzten beißen die Hunde!“ „Wer sich nichts nimmt, kommt zu kurz“ und „Alle benehmen sich doch so!“

Jeder gibt nur seine blauen Flecken weiter.

Vor einigen Wochen wollte ich frühmorgens mit dem Zug nach München und hatte noch ein wenig Zeit. Mit meinem Becher in der Hand stellte ich mich im Lokal hinter einer Frau mit ihrer Tochter im Grundschulalter an der Verkaufstheke an. Die beiden schienen aus Schweden zu sein. Die Frau sprach recht gut Deutsch und sie bestellten reichlich, Die Kleine schnappte sich noch ein abgepacktes Kuchenstück aus dem Korb. Gut 16 EUR hätte alles zusammen gemacht, doch die Frau bemerkte, dass sie ihr Portemonnie vergessen hatte. Sie wollten die Bestellung rückgängig machen, es war noch nichts zubereitet.

Ohne Nachzudenken sagte ich zur Servicekraft: „Ich übernehme das und nehme noch für mich einen kleinen schwarzen Kaffee dazu.“ „Darf ich?“ fragte ich, an die Mutter mit ihrer Tochter gewandt. „Nein nein“ rief die Frau aus und nahm ihrer Tochter das Kuchenstück aus der Hand.

„Bitte lassen Sie mich, Sie machen damit auch mir ein Geschenk“ entgegnete ich und sie spürte meine Aufrichtigkeit. Denn wenn wir jemandem erlauben, uns zu helfen, beschenken wir ihn damit reichlich.

Die Augen der Schwedin wurden groß und sie nickte, erst zaghaft nur, dann kraftvoll und wunderbar stolz. Ich legte das Kuchenstück in die Hand ihrer Tocter zurück, bezahlte ihre 16,70 EUR und meine 1,80 und im Gehen noch ruft die Frau mir nach: „Wir machen daraus eine Kette!“


Das hatte ich gar nicht bezweckt, daran hatte ich gar nicht gedacht – und doch verzaubert mich der Gedanke, dass auf diese Art und Weise, allein aufgrund eines spotanen Impulses, ein wenig Mitmenschlichkeit nun Bahnen zieht. Meine Dankbarkeit ihr gegenüber wurde noch größer: Nicht nur, dass ich helfen durfte, auch sie wird nun mit anderen Augen durchs Leben gehen.

Vielleicht machen wir uns das im Alltag zu wenig bewusst: Wir sind alle Mutiplikatoren, im negativen wie im positiven Sinn.

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