“We have a tendency to think in terms of doing and not in terms of being. We think that when we are not doing anything, we are wasting our time. But that is not true. Our time is first of all for us to be. To be what? To be alive, to be peaceful, to be joyful, to be loving. And that is what the world needs most.” Wenn ich diese Sätze von David Grossman, paraphrasierend, übersetze, beschreibt er unsere menschliche Neigung, uns eher im Handlungsmodus statt im Seinsmodus zu bewegen... Er meint, dass wir oft den Eindruck haben, unsere Zeit zu verschwenden, wenn wir nichts tun. Und dass dennoch unsere Zeit ganz prinzipiell dafür da ist, dass wir einfach sein können... Zeit, um lebendig, friedvoll, fröhlich zu sein, Zeit, um zu lieben...

Wie können wir wissen, dass wir fröhlich sind, wenn wir keine Trauer kennen? Wie können wir wissen, dass das, was wir fühlen, Liebe ist, wenn wir nicht auch deren Verlust kennen? Ist es nicht so, dass unsere Gefühle jeweils durch ihr erfahrenes Gegenteil wahrnehmbar werden? Wahrscheinlich können wir nur zwischen einem gefühlsarmen, gleichmütigem und einem bewegten, von Polaritäten bestimmten Leben wählen...Eines, das sich nur durch als positiv bewerteten Emotionen kennzeichnet, ist nicht vorstellbar.

Wenn es beispielsweise nur „Freude“ gäbe, wäre jedes mehr oder weniger freudig auf einer Skala zu lokalisieren – und unweigerlich würde dann das „wenig freudig“ zum Gegenteil von „sehr freudig“ werden, sich also auf dem Kontinuum am gegenüberliegenden Ende befinden... In keiner möglichen Welt kann Null am gegenüberliegenden Ende sein, denn das, was nicht ist, ist nicht wahrnehmbar. Wenn ich mein Augenmerk darauf richte, zwinge ich es in Gestalt, gebe ihm mit meiner Aufmerksamkeit Form.

Andy Nimmo bezeichnete 1961 Hugh Everetts „viele Welten“ erstmals als Multiversum, ein manifestes Universum, wovon eine Vielzahl das gesamte Universum ausmachen: „an apparent universe, a multiplicity of which go to make up the whole universe“.

Wenn wir uns in diesem Multiversum eine der Parallelwelten auswählen könnten – welche würden wir aussuchen?

In diesem Leben bleibt uns Schmerz und Leid nicht erspart. Weil wir eben nicht tumb und blind durch ein nichtiges Leben nichten, weil wir vernunftbegabte Wesen sind, sind wir uns auch dessen gewahr, was wir verlieren. Unsere Existenz ist permanent von seiner Auflösung bedroht. Unsere Essenz ist uns nicht direkt zugänglich, nur indirekt können wir sie erfahren. Sie scheint uns nicht gegeben, wir haben sie uns selbst zu verleihen. Entspricht sie unserer Sinnhaftigkeit?

Was wir betrauern, bleibt verloren. Lange wartet es sich auf das Vergehen der Trauer – das doch niemals erfolgt! Sie mag sich abschwächen, wir mögen sie zeitweise ins Vergessen rücken können – und doch verweilt sie dort, ist vorhanden, um in dem Moment, wenn wir, unbedacht, uns zu erinnern glauben, in Existenz zu springen. Verlust können wir nicht verarbeiten – wir haben ihn zu integrieren. Die Trauer weist auf das hin, was uns wichtig war, nun vergangen ist. Saudade, der portugiesische Ausdruck für eben jene Wahrnehmung eines jeden unwiederbringlich Verlorenen. Voller Wehmut, voller Weltschmerz, drückt saudade vielleicht von allen Worten dieser manifesten Welt am besten aus, was es meint, den primären Verlust des Menschen erfahren zu haben: In die Existenz in dieser einen Welt gezwungen zu sein, die Freiheit verloren zu haben, uns zwischen allen möglichen Parallelwelten hin- und herbewegen zu können. Vielleicht schmerzt deshalb das Bewusstsein ndes Unmöglich so sehr.

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